segunda-feira, 17 de fevereiro de 2014

Die Sichtweise

5. Der klare und deutliche Gedanke, den man von dem zukünftigen Leben hat, schafft einen unerschütterlichen Glauben an die Zukunft. Ein Glaube, der enorme Folgen für die Moral der Menschheit hat, weil er die Sichtweise, in der man das irdische Leben betrachtet, völlig verändert. Für denjenigen, der sich gedanklich in das geistige Leben versetzt, das grenzenlos ist, verwandelt sich das irdische Leben in einen einfachen Übergang, wie ein kurzer Aufenthalt in einem undankbaren Land. Die Schicksalsschläge und die Drangsale dieses Lebens werden nicht anders als Zwischenfälle angesehen, die er mit Geduld erträgt. Denn er weiß, dass sie eine kurze Dauer haben und dass danach glückliche Zustände folgen werden. Der Tod erschreckt schon nicht mehr und ist nicht mehr die Tür, die sich zum Nichts öffnet. Stattdessen ist er vielmehr eine Tür, die zur Befreiung führt und durch die der angeblich Verbannte in die Wohnung der Glückseligkeit und des Friedens hingeht. Da es ihm bewusst ist, dass sein momentaner Aufenthalt vorübergehend und nicht endgültig ist, schenkt er den Sorgen des Lebens keine große Aufmerksamkeit. Daraus ergibt sich für ihn eine Geistesruhe, welche die Leiden und die Bitterkeit des Lebens mildert.

Durch den schlichten Zweifel am zukünftigen Leben beschränkt der Mensch seine ganzen Gedanken auf das irdische. Ohne die Gewissheit der Zukunft gibt der Mensch sich ganz der Gegenwart hin. Da er kein wertvolleres Vermögen als das der Erde sieht, handelt er ähnlich einem Kind, das nichts anderes außer seinen Spielzeugen sehen kann. Es tut alles, um dieses für ihn einzig wahre Vermögen zu bekommen. Der kleinste Verlust davon verursacht ihm quälenden Kummer. Eine Täuschung, eine Enttäuschung, ein unbefriedigter Ehrgeiz, das Opfer einer Ungerechtigkeit zu sein, die Verletzung des Stolzes oder seiner Eitelkeit verursachen solche Qualen, die seine Existenz in ewige Angstgefühle verwandeln. Somit legt er sich selbst eine dauernde, wahre Tortur auf. Von seinem Gesichtspunkt aus gesehen, von der Stelle, wo er sich selbst befindet und von wo aus er das irdische Leben betrachtet, nimmt alles um ihn herum riesige Proportionen an. Sowohl das Unglück, das ihm widerfährt, als auch das anderen Menschen zustehende Gute, nehmen eine große Wichtigkeit in seinen Augen ein. Für denjenigen, der sich in einer Innenstadt befindet, scheint alles um ihn herum groß zu sein, sowohl Menschen in einer höheren Stelle, als auch die Monumente. Steigt er aber auf einen Berg, wird ihm alles klein erscheinen ‐ Menschen und Gegenstände.

Das geschieht mit denen, die das irdische Leben unter dem Gesichtspunkt des zukünftigen Lebens betrachten: Die Menschheit verliert sich dann wie die Sterne am Himmel in der unermesslichen Weite. Man bemerkt dann, dass große und kleine sich vermengen, wie die Ameisen auf einem Hügel. Man sieht die gleiche Statur von Proletariern und Fürsten und bedauert, dass diese kurzlebigen Wesen sich so überanstrengen, um ihre Stellung in der Gesellschaft zu erobern. Dabei wird diese Anstrengung sie nur ein wenig erheben und sie werden diese Stellung nur für eine kurze Zeit beibehalten. Daher folgt, dass die gegebene Wertschätzung des irdischen Vermögens immer im umgekehrten Verhältnis zum Glauben an das zukünftige Leben steht.

6. Wenn alle Menschen so denken würden, würde man meinen, dass alles auf der Erde gefährdet wäre, weil sich niemand mehr mit den irdischen Sachen beschäftigen würde. Nein, der Mensch sucht instinktiv seinen Wohlstand. Und auch wenn er weiß, dass er nur für eine kurze Zeit da bleiben wird, wo er ist, versucht er sich so gut wie möglich dort einzurichten. Denn jeder würde seine Hand wegnehmen, wenn er unter ihr einen Dorn spürt, um nicht gestochen zu werden. Der Wunsch nach Wohlstand zwingt folglich den Menschen alles zu verbessern. Er wird vom Instinkt des Fortschrittes und dem Instinkt der Erhaltung angetrieben, die in den Gesetzen der Natur verankert sind. Er arbeitet nun sowohl aus Notwendigkeit als auch wegen der Pflicht oder auch, weil er das gerne tut, dem Plan der Vorsehung befolgend, die ihn dafür auf die Erde gesetzt hat. Wer sich mit der Zukunft beschäftigt, gibt der Gegenwart nicht mehr als eine relative Wichtigkeit und erholt sich leichter von seinen Misserfolgen. Er blickt auf das zukünftige Leben, das auf ihn wartet.

Gott verurteilt dementsprechend die irdischen Genüsse nicht, sondern den Missbrauch dieser Genüsse zum Nachteil der Seele. Vor solchem Missbrauch sind diejenigen bewahrt, welche die Worte Jesu „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ auf sich selbst anwenden.

Wer sich mit dem zukünftigen Leben identifiziert, ähnelt dem Reichen, der eine kleine Summe verliert, ohne sich aufzuregen. Wer sich jedoch seine Gedanken auf das irdische Leben konzentriert, ähnelt dem Armen, der alles, was er noch hatte, verliert und seine ganze Hoffnung aufgibt.

7. Der Spiritismus erweitert das Denken und eröffnet dem Menschen einen neuen Horizont. Der Spiritismus zeigt, dass dieses irdische Leben nichts anderes als ein Glied in der harmonischen und herrlichen Gesamtheit des Werkes des Schöpfers ist. Das ist anders als der kleine und beschränkte Blick, den jemand auf das gegenwärtige Leben konzentriert und dadurch den Augenblick des Lebens auf der Erde zur einzigen und zerbrechlichen Achse ewiger Zukunft macht. Er zeigt das Zusammengehörigkeitsgefühl, das die Existenzen eines einzigen Wesens mit allen Wesen eines Planeten und allen Wesen anderer Welten vereinigt. So schafft der Spiritismus eine Basis und eine Daseinsberechtigung für die universelle Gemeinschaft; wohingegen die Lehre der Schöpfung der Seele bei jeder Geburt des Körpers alle Wesen untereinander zu Fremden macht. Diese Solidarität zwischen den Teilen eines einzigen Ganzen erklärt das, was unerklärbar bleibt, wenn man nur eines Teils davon gedenkt. In der Zeit von Christus hätte die Menschheit diese Gesamtheit nicht verstehen können und aus diesem Grund überlässt er es einer anderen Zeit, dies bekannt zu geben.

- Allan Kardec.


Auszug aus dem Kapitel II - Mein Reich ist nicht von dieser Welt - aus dem Buch „Das Evangelium im Lichte des Spiritismus“ - Allan Kardec.

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